Mitteilungen
Ein offener Brief der LAG Arbeit Hamburg an den Senat
Hansestadt und Bundesagentur haben vereinbart[1], mindestens 25% der für das Jobcenter jeweils zugeteilten Eingliederungsmittel für so genannte „Beschäftigung schaffende Maßnahmen“, also öffentlich geförderte Beschäftigung, zu verausgaben.
Für das Jahr 2024 werden - so der aktuelle Stand - statt 176.343 Mio. Euro in 2022 oder
164.116 Mio. im laufenden Jahr für 2024 nur noch 154.543 Mio. Euro erwartet.
Für öffentlich geförderte Beschäftigung stünden somit 25% von 154.543 Mio.€, d.h. 38,636 Mio. Euro in 2024 zur Verfügung.
Ausweislich der Zahlen der Bundesagentur [2] verteilen sich die aus den Eingliederungsleistungen (Anm.: noch ohne PAT) finanzierten Kosten des Jobcenters für die öffentlich geförderten Beschäftigung annähernd gleichmäßig auf die beiden in Hamburg aktuell genutzten Instrumente „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (TaAM; Förderung sozialversicherungspflichtiger Arbeit gem. § 16i SGB II) und AGH (Arbeitsgelegenheiten gem. § 16d SGB II). Pro Monat und Person waren es auf Basis der Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2022 rechnerisch:
- Förderung gem. § 16i SGB II (TaAM): 1.227,87 € bei durchschnittlich 1.108 geförderten Personen
- AGH-Kosten 1.147,73 € bei 1.650 bewilligten Plätzen
Im Durchschnitt des 1. Halbjahres 2023 waren 1.347,7 AGH-Plätze besetzt und 1.194 auf Basis des § 16i geförderte, sozialversicherungspflichtige Plätze. Eine lineare Fortschreibung würde insgesamt folgende Kosten verursachen[3]:
Ein objektiver Kürzungsbedarf besteht daher trotz der Bundeskürzungen aus finanziellen Gründen NICHT!
Gleichwohl wünschen sich alle Beteiligten den strukturierten Aufbau von mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Ein Ziel, das auch die in der LAG Arbeit organisierten Träger grundsätzlich teilen – sofern es nicht zu Lasten der Langzeitarbeitslosen geht, die derzeit in Arbeitsgelegenheiten gefördert werden und nicht die Fördervoraussetzungen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erfüllen.
Die Zahl der AGH-Plätze auf 800 zu begrenzen und trotzdem das 25%-Ziel zu erreichen ist völlig unrealistisch und eine „Luftbuchung“, die Instrumente müssten sich dann folgendermaßen verteilen:
2022 wurden durchschnittlich 1.108 §16i-Plätze gefördert, im 1. Halbjahr 2023 waren es 1.194. Es ist völlig ausgeschlossen, dass es 2024 bei unveränderten Bedingungen im Durchschnitt 1.874 werden!
Die LAG Arbeit ist darüber hinaus der Auffassung, dass gerade in Krisenzeiten mit erneut steigender Erwerbslosigkeit der soziale Arbeitsmarkt deutlich – und auch oberhalb der Marge von 25% der Eingliederungsmittel – ausgebaut werden muss. Dies gilt umso mehr, als 2019 für die Umsetzung des Teilhabechancengesetzes 25 Mio. € zusätzlich in den Eingliederungstitel geflossen sind, aber weitgehend für kurz laufende Gutschein- bzw. Ausschreibungs-Maßnahmen für eine andere Personengruppe verwendet wurden!
Es gilt daher, auf folgendem Weg den angekündigten Kahlschlag abzuwenden und Teilhabechancen für Hamburgs Langzeiterwerbslose zu stärken:
- Die Arbeitsgelegenheiten werden auf eine SOLL-Zahl von 1.200 gekürzt (man beachte: 100% - Belegung aus technischen Gründen nicht möglich), zusätzlich zu den 800 vorgesehenen Plätzen werden prioritär AGH mit Quartiersbezug und für besondere Zielgruppen weitergefördert.
- Die sozialversicherungspflichtigen geförderten Plätze werden auf 1500 im Jahresdurchschnitt 2024 erhöht.
- Der Bundes-PAT wird vollständig abgefordert.
- Von den 1.500 Plätzen werden 250 mit Quartiersbezug oder für besondere Zielgruppen im Rahmen der so genannten „freien Förderung (§ 16f SGB II)“ finanziert, d.h. auch für die ehemaligen AGH-Beschäftigten eröffnet sich dort eine Perspektive, da die Fördervoraussetzungen bedarfsgerecht definiert werden können. Zusätzliche Kosten/Platz für Anleitung/Betreuung/Overhead: 1.100, -€/Monat, wovon 200 € kostenneutral aus dem FHH-Haushalt aus eingesparten kommunalen Mitteln (kommunaler PAT) beigesteuert werden.
Kosten der neuen Struktur: 38.5 Mio. Euro!
Vorstand und Geschäftsführung der LAG Arbeit fordern den Senat auf, seine Rolle in der Trägerversammlung des Jobcenters mit 50% der Eigentumsanteile aktiv zu nutzen[4] und eine Lösung der aktuell sich zuspitzenden Krise im Arbeitsmarktbereich mit einer Stärkung der sozialversicherungspflichtigen und öffentlich geförderten Beschäftigung in Hamburg zu verbinden.
Hamburg, den 8.9.2023
Vorstand und Geschäftsführung der LAG Arbeit Hamburg
Petra Lafferentz Karen Risse Dennis Stender Bernd Schröder
[1] Aussage von Herrn Dornquast im Jour-fixe-Termin mit LAG am 10.08.2023 u. Aussage des Herrn Heyden im HH-Journal-Interview, gesendet am 13.7.2023.
[2] Zur Höhe der 22er Leistungen:
https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html?topic_f=abrechnung-r906ii, Zur Besetzung der Plätze: https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html?topic_f=amp-amp&r_f=hh_Hansestadt-Hamburg)
[3]https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html?topic_f=abrechnung-r906ii
[4]Zur Erinnerung:https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/31524/neuorganisation_der_organisationsstrukturen_im_bereich_des_zweiten_buches_sozialgesetzbuch_sgb_ii.pdf § 15 Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen(1) Die Agentur sichert auf der Basis arbeitsmarktlicher Strukturen zu, bei der Aufstellung arbeitsmarktpolitischer Programme die Vorschläge und Interessen der FHH unter Berücksichtigung der jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften zu berücksichtigen. Darüber hinaus unterstützt sie aktiv vom Senat der FHH vorgeschlagene arbeitsmarktpolitische Programme. Dies schließt eine Umsetzung über die gemeinsame Einrichtung im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen mit ein. Die Agentur trägt insbesondere Vorschläge der FHH zur freien Förderung im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelungen und gesetzlichen Budgetierung gemäß § 16f SGB II mit.
(2) Bei der Aufstellung und Umsetzung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen steht die Stadtteilorientierung für die Vertragspartner im Vordergrund. Das Rahmenprogramm integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) findet dabei besondere Berücksichtigung. …