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Arbeitsmarktförderung benachteiligter Zielgruppen verlässlich sichern

23. Juli 2025

 

Arbeitsmarktförderung benachteiligter Zielgruppen verlässlich sichern

Aufforderung zur politischen Steuerung des Hamburger Jobcenters

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Senator:innen, sehr geehrte Vertreter:innen der SPD- und Grünen-Fraktionen,

wir wenden uns mit einem dringenden Anliegen an Sie: Die Integration besonders benachteiligter Zielgruppen in den Hamburger Arbeitsmarkt braucht eine verlässliche politische und haushalterische Grundlage – und eine klare Prioritätensetzung in der Steuerung des Jobcenters.

Aus unserer Sicht muss sichergestellt werden, dass die Haushaltsmittel des Jobcenters langfristig für Maßnahmen der Arbeitsförderung besonders benachteiligter Zielgruppen eingesetzt werden.

Die Realität – so auch im Jahr 2025 – zeigt jedoch ein anderes Bild:

Drohende Mittelkürzungen im Beschäftigungsbereich durch zu geringe Verwaltungskostenbudgets und späte Mittelzuteilungen gefährden die öffentlich geförderte Beschäftigung in Hamburg. Die Folge: Ein Rückbau von Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II) sowie ein nur schleppender Aufwuchs von Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II). Besonders fatal ist dies vor dem Hintergrund, dass gerade diese einen hohen stadtteilbezogenen Mehrwert bieten, jedoch nicht kurzfristig „hoch- und runtergefahren“ werden können wie klassische Schulungsmaßnahmen.

Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht die strukturelle Fehlsteuerung: Anfang 2024 wurden die Arbeitsgelegenheiten aus Haushaltsgründen von 1.600 auf 920 Plätze drastisch abgebaut. Wichtige Stadtteilprojekte mussten für immer schließen!

Am 27.06.2025 hat das Jobcenter Hamburg nun zusätzlich 13,9 Millionen Euro erhalten – nachträglich für das laufende Jahr. Doch dieses Geld kommt nicht bei den besonders benachteiligten Zielgruppen an. Stattdessen fördert das Jobcenter kurzfristige, nicht nachhaltige Formate, also Aktivierungs- und Bewerbungstrainings sowie andere kurze Maßnahmen. Hauptinteresse des Jobcenters: Diese Kurzläufermaßnahmen verursachen keine Mittelbindung über das Jahr hinaus.

Gleichzeitig beginnt bereits die Haushaltsdebatte für 2026 unter Vorzeichen eines massiven Defizits: Die vom Bund bewilligten Verwaltungskosten reichen bereits 2025 nicht aus, sodass Mittel aus dem Eingliederungstitel zweckentfremdet in die Jobcenter-Verwaltung übertragen werden müssen und für 2026 ist ein noch größeres Defizit bei den Verwaltungskosten zu erwarten! Dies wird das Jobcenter spätestens im September dazu veranlassen, einen weiteren Rückbau von Maßnahmen wie den Arbeitsgelegenheiten (AGH) zu planen, wie es das 2023 schon einmal bei den AGH für Anfang 2024 getan hat, obwohl dann später doch genügend Mittel zur Weiterfinanzierung vorhanden gewesen wären. Doch da war die Entscheidung nicht mehr umzukehren! So darf es nicht noch einmal passieren!

Daher fordern wir dringend:

Der bereits stattfindende Abbau von Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II) muss gestoppt werden und die aktuell 920 AGHs mindestens erhalten bleiben!

Die Bewilligung von Förderungen nach § 16i SGB II darf nicht eingeschränkt werden.

Mittel müssen verlässlich und strukturell so geplant werden, dass auch die besonders benachteiligten Gruppen erreicht werden.

Wir möchten außerdem betonen, dass Arbeitsgelegenheiten und § 16i-Maßnahmen nicht in Konkurrenz zueinander stehen dürfen, wie im Koalitionsvertrag angedeutet. Sie sprechen unterschiedliche Zielgruppen an. § 16i kann erst greifen, wenn Menschen mindestens sechs Jahre im Leistungsbezug waren. Arbeitsgelegenheiten nach § 16d sind ohne Wartezeiten hingegen für Menschen vorgesehen, die durch keine andere Fördermaßnahme erreicht werden.

Ein Abbau von AGH bedeutet konkret: Menschen, die keinen anderen geförderten Arbeitsplatz bekommen können, werden für mindestens sechs Jahre im Leistungsbezug zementiert – mit allen anwachsenden Folgeproblemen wie Isolation, gesundheitlicher Verschlechterung, psychischen Belastungen und abnehmender Integrationsfähigkeit, um dann ggf. Jahre später über §16i SGBII fördern zu können. Wer heute spart, zahlt morgen umso mehr. Die Folgekosten – ob in Gesundheit, Bildung, Jugendhilfe oder sozialem Zusammenhalt – sind erheblich.

Wir appellieren daher eindringlich an Sie, Ihre politische Verantwortung wahrzunehmen und im Rahmen Ihrer Steuerungsmöglichkeiten dafür zu sorgen, dass Hamburg auch in Zukunft ein verlässlicher Ort der sozialen In-tegration bleibt. Setzen Sie sich dafür ein, dass öffentlich geförderte Beschäftigung gestärkt, nicht geschwächt wird.


Mit freundlichen Grüßen

Vorstand und Geschäftsführung der LAG Arbeit Hamburg
Sandra Kloke, Petra Lafferentz, Karen Risse, Bernd Schröder

2025-07- LAG Arbeit HH Arbeitsmarktforderung benachteiligter Zielgruppen.pdf